Umweltinspektionsberichte – Rechtsfragen zur Veröffentlichung

Mit den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 30.10.2014 – 8 B 721/14 – sowie vom 06.11.2014 – 8 B 1101/14 – liegen erstmalig Entscheidungen eines Oberverwaltungsgerichts zur Frage der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung von Umweltinspektionsberichten für IED-Anlagen auf der Grundlage des § 52a Abs. 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in Verbindung mit den Vorschriften des Umweltinformationsgesetzes (UIG) vor. Die Entscheidungen enthalten Aussagen, die speziell die Veröffentlichungspraxis in NRW vor dem Hintergrund der dort geltenden Erlasslage betreffen, aber auch für die Veröffentlichungspraxis in anderen Bundesländern von Bedeutung sind.

Veröffentlichungspraxis in NRW

In NRW existiert eine Erlasslage des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV NRW) vom 24.09.2012/ 31.07.2013, wonach bei der Umweltinspektion festgestellte Mängel nach ihrer Gewichtigkeit bestimmten Kategorien zugeordnet werden („geringfügig“, „erheblich“ oder „schwerwiegend“); diese Bewertung ist Bestandteil des im Internet zu veröffentlichenden Umweltinspektionsberichts und damit für Dritte einsehbar.

Hierzu hatten die Vorinstanzen in den von dem OVG NRW entschiedenen Verfahren, die Verwaltungsgerichte Arnsberg und Düsseldorf, entschieden, dass die vorbezeichnete Erlasslage keine taugliche Rechtsgrundlage für die Bewertung der Mängel in Umweltinspektionsberichten darstellt (VG Arnsberg, Beschluss vom 10.06.2014 – 4 L 87/139; VG Düsseldorf, Beschluss vom 09.09.2014 – 3 L 1818/14).

Das OVG NRW widerspricht dem. Den maßgeblichen Vorschriften des BImSchG und UIG, welche die Durchführung von Umweltinspektionen und die Veröffentlichung von Umweltinspektionsberichten regeln, sei zu entnehmen, dass Umweltinspektionsberichte eine Bewertung der festgestellten Mängel enthalten dürften. Die Bewertung von bei Umweltinspektionen festgestellten Mängeln anhand der Erlasslage in NRW begegne dabei im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Allerdings hat sich das OVG NRW nicht mit der verfassungsrechtlichen Frage näher auseinandergesetzt, ob ein ministerieller Erlass eine taugliche Rechtsgrundlage für eine Mängelkategorisierung darstellen kann oder insoweit nicht vielmehr eine Regelung auf Gesetzes- oder Verordnungsebene erforderlich ist.

Das MKULNV NRW hat die Ausführungen des OVG NRW zum Anlass genommen, mit Runderlass vom 06.11.2014 alle betroffenen Behörden in NRW anzuweisen, beim Vollzug von Umweltinspektionen und der Veröffentlichung von Umweltinspektionsberichten weiterhin anhand der Erlasslage zu verfahren.

Allerdings muss, dies hat das OVG NRW klargestellt, aus dem veröffentlichten Umweltinspektionsbericht nachvollziehbar hervorgehen, welcher inhaltliche Maßstab der gewählten Mängelkategorie zugrundeliegt. Dies kann aus Sicht des OVG NRW zum Beispiel dadurch gewährleistet werden, dass die in der Erlasslage enthaltene Definition der Mängelkategorie (z. B. für die Bewertung eines festgestellten Mangels als „erheblich“) im Inspektionsbericht wiedergegeben wird.

Für betroffene Betreiber von IED-Anlagen in NRW bedeutet dies, dass bei Umweltinspektionen festgestellte Mängel weiterhin anhand der Mängelkategorien der Erlasslage („geringfügig“, „erheblich“ oder „schwerwiegend“) bewertet und in Umweltinspektionsberichten veröffentlicht werden.

Die Entscheidungen des OVG NRW sind im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen. Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja mit welchem Ergebnis die Hauptsacheverfahren von den Antragsstellerinnen, Betreiberinnen von IED-Anlagen, weiter betrieben werden. Sollten die Verfahren weiter betrieben werden, ist es eher unwahrscheinlich, dass die damit befassten Gerichte zu einer anderslautenden Bewertung der Erlasslage gelangen, als sie das OVG NRW vertritt.

Bedeutung der Entscheidungen über NRW hinaus

Über die vorstehend beschriebenen, NRW-spezifischen Ausführungen hinaus enthalten die Beschlüsse des OVG NRW Ausführungen, die für die Veröffentlichungspraxis auch in anderen Bundesländern von Bedeutung sind:

– Das OVG NRW hat im Ergebnis keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität der Regelungen des § 52a BImSchG und des UIG, welche die Veröffentlichung von Umweltinspektionsberichten für IED-Anlagen betreffen. Zwar habe die Veröffentlichung von Mängeln, die bei der Umweltinspektion festgestellt wurden, gegebenenfalls negative wirtschaftliche Folgen für Betreiber von IED-Anlagen und greife daher in die Berufsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Unternehmen ein. Allerdings hätten diese es selbst in der Hand, die Veröffentlichung zu verhindern, indem sie ihre Pflichten aus der Genehmigung erfüllt. Daher überwiege das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die grundrechtlich geschützten Belange der betroffenen Unternehmen.

– Sollte sich aber nach Veröffentlichung herausstellen, dass Aussagen im Umweltinspektionsbericht falsch sind, sei die Behörde zu einer Korrektur verpflichtet.

– Werde ein im Umweltinspektionsbericht beschriebener Mangel nach Veröffentlichung des Berichts behoben, müsse die Behörde mit einer Löschung oder Richtigstellung / Aktualisierung reagieren. Damit kann sie nicht bis zur nächsten Umweltinspektion zuwarten.

– Die Dauer der Veröffentlichung eines Umweltinspektionsberichts sei durch die nächste turnusmäßige oder anlassbezogene Vor-Ort-Besichtigung begrenzt. Im Ergebnis läuft diese Auffassung des OVG NRW darauf hinaus, dass ein veröffentlichter Umweltinspektionsbericht zu entfernen ist, sobald ein aktualisierter Umweltinspektionsbericht für dieselbe Anlage im Internet veröffentlicht wird.

Die Beschlüsse des OVG NRW enthalten beachtliche Ausführungen zu einer Vielzahl von Rechtsfragen, welche die Veröffentlichung von Umweltinspektionsberichten aufwirft. Auch vor dem Hintergrund, dass die Beschlüsse in Verfahren des Eilrechtsschutzes ergangen sind, sind gleichwohl nicht alle rechtlichen Fragen, insbesondere zur Bewertung von Mängeln, ihren Maßstäben und zur Begründung, warum eine bestimmte Bewertung so und nicht anders erfolgte, beantwortet. Anlagenbetreiber, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des behördlichen Vorgehens im Zusammenhang mit Umweltinspektionen haben, sollten daher prüfen lassen, ob aus rechtlicher Sicht ein entsprechendes Einwirken auf die zuständige Behörde, ggf. unter Zuhilfenahme von verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz, empfehlenswert ist.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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