Die Rechtsbehelfsbelehrung in Zeiten des elektronischen Rechtsverkehrs

Eine Behörde hat in einem Verwaltungsverfahren einen Widerspruchsbescheid erlassen. Der Widerspruchsbescheid schließt eine Rechtsbehelfsbelehrung ein, in der auf die Möglichkeit hingewiesen wird, die Klage „schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle“ bei dem Verwaltungsgericht zu erheben. Das Verwaltungsgericht Trier hat mit Urteil v. 22.09.2009 zu Gesch.Z. 1 K 365/09 TR entschieden, dass diese Rechtsbehelfsbelehrung1 unrichtig ist, weil die Behörde den Kläger nicht auf die im Zuständigkeitsbereich des VG Trier bestehende Möglichkeit hingewiesen hat, die Klage auch durch Übermittlung eines elektronischen Dokumentes mit qualifizierter elektronischer Signatur zu erheben.

Das Verwaltungsgericht weist zur Begründung seiner Entscheidung zunächst darauf hin, dass der Beginn des Laufs der Klagefrist nach § 58 Abs. 1 VwGO keine Belehrung über die Formerfordernisse des einzulegenden Rechtsbehelfs voraussetzt. Soweit – wie in der Praxis häufig üblich und auch im vorliegenden Fall erfolgt – die Rechtsbehelfsbelehrung um Hinweise zur Form der Klageerhebung erweitert wird, ist die so erweiterte Rechtsbehelfsbelehrung auch dann fehlerhaft, wenn sie einen unrichtigen oder irreführenden Zusatz enthält, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen. Diese Sichtweise entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 6 C 77.78 – BVerwGE 57, 188; Urteil vom 21. März 2002, 4 C 2.01, DVBl 2002, 1553).

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Trier war hier der Hinweis irreführend, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann. Dieser Hinweis soll nämlich nach Auffassung des Gerichts geeignet sein, bei einem objektiven Empfänger den Eindruck zu erwecken, dass eine elektronische Klageerhebung nicht möglich ist.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier befasst sich mit dem Verhältnis zwischen den in § 81 VwGO vorgesehenen Formen der Klageerhebung und der durch § 55 a) VwGO begründeten Möglichkeit, dass die Prozessbeteiligten dem Verwaltungsgericht elektronische Dokumente übermitteln können.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier befasst sich mit dem Verhältnis zwischen den in § 81 VwGO vorgesehenen Formen der Klageerhebung und der durch § 55 a) VwGO begründeten Möglichkeit, dass die Prozessbeteiligten dem Verwaltungsgericht elektronische Dokumente übermitteln können.

Gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Klage schriftlich zu erheben; bei dem Verwaltungsgericht kann die Klage auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden (§ 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Eine Klageerhebung in elektronischer Form ist in § 81 Abs. 1 VwGO dagegen nicht ausdrücklich geregelt.

Der Wortlaut des § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO spricht gegen die Auffassung des VG Trier zur Unvollständigkeit und damit Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung, da die in § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Formen in der streitigen Rechtsbehelfsbelehrung vollständig enthalten waren.

Entgegen der Auffassung des VG Trier ergibt sich eine Pflicht zum Hinweis auf die Möglichkeit der Klageerhebung durch Übermittlung eines elektronischen Dokumentes auch nicht aus § 55 a) VwGO.

Nach § 55 a) Abs. 1 Satz 1 VwGO können die Prozessbeteiligten dem Gericht elektronische Dokumente übermitteln, wenn dies für den gerichtlichen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierung zugelassen ist. § 55 a) Abs. 1 Satz 2 VwGO regelt sodann, dass in dieser Rechtsverordnung die Art und Weise der Übermittlung zu bestimmen ist. Gemäß § 55 a) Abs. 1 Satz 3 VwGO muss in der Rechtsverordnung für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, eine qualifizierte elektronische Signatur vorgeschrieben werden.

Bei der Klageschrift nach § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt es sich um ein Schriftstück, das nach allgemeiner Auffassung nur dann Wirksamkeit entfaltet, wenn es durch den Kläger der seinen Prozessbevollmächtigten handschriftlich unterschrieben ist.

Bei der elektronischen Übermittlung einer Klageschrift besteht die Möglichkeit einer handschriftlichen Unterzeichnung aus technischen Gründen nicht. Aus diesem Grund ist es erforderlich, die Identität des Einreichers und dessen Willen zur Einreichung der Klageschrift bei Gericht anderweitig verlässlich nachzuweisen. Dieser Nachweis wird durch die Beifügung der qualifizierten elektronischen Signatur geführt.

Das mit qualifizierter elektronischer Signatur versehene und elektronisch übermittelte Dokument steht damit der Einreichung einer handschriftlich unterzeichneten Klageschrift gleich.

Die elektronische Übermittlung eines signierten Dokumentes ist damit als Fall der schriftlichen Klageerhebung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO anzusehen.

§ 55 a) Abs. 1 Satz 3 VwGO eröffnet deshalb entgegen der vom VG Trier vertretenen Auffassung nicht über § 81 Abs. 1 VwGO hinaus die zusätzliche Möglichkeit der „elektronischen Klageerhebung“.

Eines Hinweises auf eine Klageerhebung in elektronischer Form bedarf es zur Vollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung damit nicht.

Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die auf die Möglichkeit der Klageerhebung in schriftlicher Form sowie in Form der Niederschrift durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hinweist, ist damit nicht irreführend, sondern vollständig und richtig.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte